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Entscheidung BGH, Urt. v. 9.2.2018 – V ZR 299/14

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Keine Rechtskraftwirkung für dingliche Rechtslage durch Grundbuchberichtigungsurteil

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Urteil vom 9. Februar 2018 – V ZR 299/14 entschieden, dass ein Urteil über einen Grundbuchberichtigungsanspruch nach § 894 BGB nicht rechtskräftig über das Bestehen oder Nichtbestehen des geltend gemachten oder angegriffenen dinglichen Rechts entscheidet.

Thematisch geht es in der Entscheidung um grundsätzliche Fragen des Umfangs der Rechtskraft, die zu den Kernelementen des deutschen Zivilprozessrechts gehört. Die materielle Rechtskraft führt dazu, dass der Inhalt der formell rechtskräftigen Entscheidung für die Parteien des Prozesses verbindlich ist. Über denselben Streitgegenstand können die Parteien nicht noch einmal streiten.

Nach § 322 I ZPO erwächst in Rechtskraft aber grundsätzlich nur der Entscheidungssatz / Urteilstenor. Nicht von der Rechtskraft erfasst werden einzelne Urteilselemente, tatsächliche Feststellungen und rechtliche Folgerungen, auf denen die getroffene Entscheidung beruht. Auch die Beurteilung von einzelnen vorgreiflichen Rechtsverhältnissen, Einwendungen und Einreden erwachsen nicht in Rechtskraft, es sei denn, sie wurden z.B. durch einen Zwischenfeststellungsantrag nach § 256 II ZPO zum Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung gemacht.

Das Reichsgericht (RG, 21. Juli 1938, V 19/38) und ein Großteil der Literatur vertrat bis zur vorliegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofes die Auffassung, dass ein Urteil über den Grundbuchberichtigungsanspruch rechtskräftig auch über die dingliche Rechtslage entscheide, diese also vom Entscheidungssatz und somit der materiellen Rechtskraft umfasst sei.

Der BGH trat dem nun entgegen und entschied, dass die Frage nach dem Eigentum im Rahmen eines Grundbuchberichtigungsanspruches lediglich eine Vorfrage des Rechtsstreits ist, die nicht in Rechtskraft erwächst. Gegenstand des Berichtigungsanspruches nach § 894 BGB sei die durch die unrichtige Eintragung in das Grundbuch entstandene Buchposition, deren Beseitigung der wahre Berechtigte verlangen könne. Mit der Entscheidung über den Grundstücksberichtigungsanspruch werde damit nur über die umstrittene Buchposition entschieden. Soll eine Entscheidung auch über die dingliche Rechtslage herbeigeführt werden, muss neben dem Grundbuchberichtigungsanspruch ein (Zwischen-)Feststellungsantrag gem. § 256 ZPO gestellt werden.

Diese Frage war lange umstritten. Das Urteil stellt insoweit eine begrüßenswerte Rechtssicherheit her.

 

 

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