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Entscheidung des OLG München, Beschluss vom 21.10.2019 - 7 U 3659/19

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Bevollmächtigung im notariellen Kaufvertrag nicht ausreichend – Zurückweisung einer Kündigungserklärung des Käufers einer vermieteten Immobilie vor Übergang Nutzen / Lasten wegen fehlender Vorlage einer Vollmachtsurkunde

Die vom Käufer eines Grundstücks gegenüber einem bestehenden Mieter ausgesprochene Kündigung kann der Mieter wegen fehlender Vorlage der Originalvollmacht zurückgewiesen werden. Der Mieter muss sich nicht auf eine beglaubigte Abschrift der notariellen Kaufvertragsurkunde und die hierin enthaltene Bevollmächtigung des Käufers oder darauf verweisen lassen, dass der Notar eine etwaige Vollmacht im Rahmen des Kaufvertragsabschlusses – vermeintlich – geprüft hat. Dies hat das Oberlandesgericht München mit Beschluss vom 21.10.2019 (Az.: 7 U 3659/19) entschieden.

Dem Beschluss lag eine Räumungsklage des Käufers eines vermieteten Gewerbegrundstücks zugrunde. In dem notariellen Kaufvertrag ließ sich dieser vom Verkäufer bevollmächtigen, bestehende Mietverträge ab dem Übergabetag zu kündigen. Nach erfolgter Übergabe des Grundstücks aber noch bevor die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erfolgt war, kündigte der Käufer unter Vorlage einer beglaubigten Abschrift des Notarvertrages einer Lebensmitteleinzelhändlerin, die in dem Gebäude Räumlichkeiten angemietet hatte.

Die Mieterin wies die Kündigung nach § 174 BGB unverzüglich zurück. Nach dieser Vorschrift sind „einseitige Rechtsgeschäfte“ – hierzu zählen Kündigungen –, die ein Bevollmächtigter gegenüber einem anderen vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist.

Der rechtliche Hintergrund dieser Regelung ist der Schutz des Erklärungsempfängers eines einseitigen Rechtsgeschäfts. Da er an dessen Vornahme nicht beteiligt ist, gerät der Erklärungsempfänger (vorliegend die Kündigungsempfängerin) in eine ungünstige Lage, wenn das Rechtsgeschäft nicht vom Geschäftsherrn persönlich, sondern von einem Vertreter vorgenommen wird, der sich über die erteilte Vollmacht nicht ausweist. Der Erklärungsempfänger soll in die Lage versetzt werden, das Bestehen und den Umfang der Vertretungsmacht eines Vertreters selbst überprüfen zu können.

Das Gericht gab der Mieterin Recht. Entgegen der Auffassung des Käufers sah es das Gericht nicht als ausreichend an, dass der Käufer der von ihm ausgesprochenen Kündigung eine beglaubigte Abschrift der Vollmacht sowie des Kaufvertrages beifügte, da es für die Wirksamkeit die Originalvollmacht bedurft hätte.

Gegen den Beschluss wurde Revision beim Bundesgerichtshof eingereicht. Die Entscheidung hat eine nicht unbedeutende Tragweite, da beim Kauf vermieteter Immobilien regelmäßig vereinbart wird, dass der Verkäufer dem Käufer im notariellen Kaufvertrag eine Vollmacht zur Ausübung der Vermieterrechte bereits ab Besitzübergang erteilt. Wenn Käufer dann vor der Eigentumsumschreibung im Grundbuch den Mietern kündigen, müssen sie nach dieser Entscheidung der Kündigung zwingend die Originalvollmacht beifügen, um keine Unwirksamkeit der Kündigung zu riskieren. Es bleibt abzuwarten, wie der Bundesgerichtshof entscheidet.

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