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Entscheidung des BGH, Urteil vom 26.02.2020 – XII ZR 51/19

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Schriftform des Mietvertrags bei fehlendem Hinweis auf Vertretung bei einer unterzeichnenden Gesellschaft

Die Entscheidung betrifft einen Spezialbereich der Thematik der Einhaltung der Schriftform gem. § 550 BGB bei gewerblichen Mietverträgen.

Die Schriftformregelung des § 550 BGB dient dem Schutz des Immobilienerwerbers. Der gemäß § 566 BGB in den Mietvertrag eintretende Immobilienerwerber soll anhand der schriftlichen Mietvertragsurkunde erkennen können, welche Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag er übernimmt. Demzufolge müssen alle wesentlichen Inhalte des Mietvertrages schriftlich in der Mietvertragsurkunde niedergelegt sein.

Einen Unterfall dieser Schriftformthematik bildet (im Falle des Vertragsschlusses unter Beteiligung einer Gesellschaft) die Frage der Unterzeichnung des Mietvertrages durch eines von mehreren zur gemeinschaftlichen Vertretung berufenen Organmitgliedern einer Gesellschaft. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist in diesem Fall die Schriftform des § 550 BGB nur dann gewahrt, wenn die Unterschrift den Hinweis enthält, dass das unterzeichnende Organmitglied auch diejenigen Organmitglieder vertreten will, die nicht unterzeichnet haben. Der Wille des unterzeichnenden Organmitgliedes zur Vertretung muss sich dabei aus der schriftlichen Urkunde ergeben. Zweck ist auch hier, dass ein potentieller Immobilienerwerber aus der Urkunde erkennen kann, ob der Mietvertrag wirksam zustande gekommen ist.

Der Bundesgerichthof hatte diesbezüglich in einer vorangehenden Entscheidung aus dem Jahr 2013 entschieden, dass es für diesen Vertretungshinweis ausreichend ist, wenn sich zusätzlich zur Unterschrift auf der Mietvertragsurkunde auch ein vom Geschäftsinhaber autorisierter Firmen- oder Betriebsstempels befindet. Das Hinzusetzen eines Stempels zu einer Unterschrift weist nach der Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofes denjenigen, der die Unterschrift geleistet hat, als unterschriftsberechtigt für den Stempelaussteller aus (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2013 – XII ZR 35/11, zit. nach juris Rdnr. 14).

In Abgrenzung zu seiner vorstehenden Entscheidung aus dem Jahr 2013 hat der Bundesgerichtshof nunmehr mit seinem Urteil vom 26.02.2020 – XII ZR 51/19 in einer ähnlichen Konstellation einen Schriftformverstoß bejaht:

In dem der vorliegenden Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt hatten die Parteien einen Nachtrag zu einem Bestandsmietvertrag geschlossen. Mit dem Nachtrag sollte ein weiterer Mieter als Mitmieter in den Mietvertrag aufgenommen werden. Der ursprüngliche Mieter war eine GmbH, die nach dem Rubrum des Nachtrags durch zwei gesamtvertretungsberechtigte GmbH-Geschäftsführer vertreten wurde. Für diese GmbH unterzeichnete nur einer von deren beiden Geschäftsführern unter Beifügung des Firmenstempels der GmbH auf dem für ihn vorgesehenen Unterschriftsfeld. Ein zweites Feld, das für die Interschrift des zweiten Geschäftsführers der GmbH vorgesehen war, blieb leer. Der Vermieter argumentierte unter Bezugnahme auf die vorstehend zitierte Entscheidung, BGH, Urteil vom 23. Januar 2013 – XII ZR 35/11, der notwendige Hinweis darauf, dass die Unterzeichnung durch einen Geschäftsführer der GmbH zugleich für den anderen erfolge, liege in dem der Unterschrift des einen Geschäftsführers beigefügten Firmenstempel. Der Stempel weise den Unterzeichner als unterschriftsberechtigt aus und schließe die Erklärung ab. Eine so in den Verkehr gegebene Erklärung werfe keine Zweifel an ihrer Vollständigkeit auf. Das gelte auch, wenn der Stempel nur in der oberen von zwei Unterschriftszeilen angebracht sei.

Der Bundesgerichtshof sah das anders: Wenn nur eines von mehreren zur gemeinschaftlichen Vertretung berufenen Organmitglieder der Gesellschaft den Vertrag unterzeichne und wenn nach dem Erscheinungsbild der Urkunde die Unterschrift des Unterzeichners in seiner Eigenschaft als Mitglied des mehrgliedrigen Organs abgegeben ist, sei die Schriftform des § 550 BGB nur gewahrt, wenn die Unterschrift den Hinweis enthalte, dass das unterzeichnende Organmitglied auch diejenigen Organmitglieder vertreten will, die nicht unterzeichnet haben. Andernfalls erwecke die Urkunde den Anschein, es könnten noch weitere Unterschriften, nämlich diejenigen der übrigen Organmitglieder, fehlen. Sei die Vertretungsregelung der Gesellschaft im Rubrum des Mietvertrages angegeben, lasse sich der ohne Vertretungszusatz geleisteten einzelnen Unterschrift grundsätzlich nicht entnehmen, ob die übrigen gesetzlichen Vertreter noch unterzeichnen müssen. Bei einer solchen Gestaltung folgen die Zweifel an der Vollständigkeit der Unterschriftsleistung unmittelbar aus der Urkunde selbst.

Insoweit unterscheidet sich der Sachverhalt nach Auffassung des Bundesgerichtshofes von dem der Entscheidung vom 23.01.2013 (Az.: XII ZR 35/11) zu Grunde liegende Sachverhalt. Dort habe der Unterzeichner nach dem Erscheinungsbild der Urkunde für sich allein die Berechtigung zum Abschluss des fraglichen Rechtsgeschäfts in Anspruch genommen und dies durch einen die alleinige Vertretung der Gesellschaft anzeigenden Zusatz kenntlich gemacht. Ein solcher Zusatz könne in der Verwendung des vom Geschäftsinhaber autorisierten Firmen- oder Betriebsstempels liegen. Dann müsse aber deutlich werden, dass eine weitere Unterschrift eines weiteren Gesellschafters nicht mehr nötig ist.

Dies sei in der vorliegenden Konstellation gerade nicht der Fall, da der streitgegenständliche Nachtrag eine weitere Unterschriftenzeile enthielt und diese leer gelassen wurde. Entscheidend sei hierbei, dass die Urkunde somit nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht „abgeschlossen“ war. Hätte der unterzeichnende Geschäftsführer für den anderen Vertretungsberechtigten mit dem Zusatz „i.V.“ oder mit dem Firmenstempel auf dessen Unterschriftenzeile unterzeichnet oder hätten die Vertragsparteien die zweite Unterschriftenzeile gänzlich weggelassen, wäre die Schriftform dagegen gewahrt worden.

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